Vor einer Weile habe ich mich mit Peter über die Tonie Box unterhalten, er war von dem Konzept begeistert – im Grunde genommen ist die Entwicklung ja auch ein Zeitgeist-Thema, ohne Cloud, NFC und passenden Sensoren würde es nicht funktionieren und die Zielgruppe ist ebenfalls begeistert über die technische Umsetzung. Ich habe Freunde mit Kindern, die nicht ohne Ihre Toniebox verreisen. Auf dem 37C3 wurde ein ausgezeichneter Talk gehalten, in welchem erklärt wird, wie die Box funktioniert und wie man diese auch von vordefinierten Funktionen befreien kann bzw. um eigene Funktionen erweitern, hier gab es erneut einen Artikel dazu. Ich bin ein Fan der Box – gleichwohl ich mir darüber im Klaren bin, dass bei der Nutzung jedesmal Daten getracked werden.
Fitness Daten-Tracking kann gleichermaßen sinnvoll sein – bspw. um für sich selber eine Nachverfolgbarkeit der Fitness zu ermöglichen, gleichzeitig bieten die Daten aber auch Aufschlüsse über die körperliche Fitness – welche ggf. garnicht soooo gut sein kann. 😬
Welche Fitness-Daten über mich selber liefern positive oder potentiell negative Auswirkungen? GPS-Daten, welche beim Laufen, Fahrradfahren oder schlicht dem Spazieren gehen als Meta-Daten gespeichert werden, verraten meine persönlichen Abläufe und ggf. Routinen. Ein Profiler wäre begeistert, wenn er Zugriff auf Fitness-Daten hätte: Fragen wie „Was ist das für ein Mensch?“ und „In welchem Radius bewegt er sich?“ werden dadurch einfacher zu beantworten. Strava hat auch schon in der Vergangenheit durch GPS-Daten bis zu diesem Zeitpunkt unbekannte Militärstützpunkte offenbart.
Kürzlich habe ich nun von dem Rückschritt bei Bose gelesen, erst kurz zuvor war mir in mein Insta Feed ein Landwirt eingestreut worden, der seinen eigenen Traktor gebaut hat, weil er die Nase voll hatte an den Hersteller gebunden zu sein, wenn etwas kaputt geht und dann die Meldung von Philips Hue, diese ist schon etwas älter – aber mittlerweile gewöhnt man sich ja schnell daran, dass die eigene Technik nicht mehr selbstbestimmt nutzbar ist. Work is hard, let’s go shopping 🤷🏼♂️
Auf Hacker News lese ich immer wieder über die Vorzüge seine eigene Software zu hosten bzw. die eigene Infrastruktur bereit zu stellen, Stichwort Autonomie – gleichzeitig weiß ich jedoch auch aus eigener Erfahrung, dass dies auch zeitintensiv sein kann.
Wenn ich mir Fitnessgear angucke, dann liebe ich solche Dinge, die einfach sind: Keep it simple! Man braucht keinen Account um sich selber fit zu halten, es reichen ein paar Klimmzüge und Liegestütze sowie Ausdauersport.
Ich bin ein Technikfan, keine Frage, ich nutze gerne smarte Geräte und lasse als Early Adopter vermutlich schneller technische Neuerungen in mein Leben als dies bei anderen Menschen der Fall ist. Gleichzeitig ist da jedoch auch die mahnende Stimme des alten Mannes mit Bart und erhobenen Zeigefinger 👴🏻☝🏼 „Nur wenn Du die eingesetzte Hardware und Software wirklich verstehst, kannst Du diese auch richtig benutzen…“
Inhalt
Wem gehören meine Fitnessdaten?
Grundsätzlich lässt sich ja darüber streiten, ob man nun wirklich jede Form des Trainings aufzeichnen muss. Brauche ich die Daten um meinen Trainingsload besser zu berechnen oder kann ich das auch selber spüren, ohne einen Blick auf mein Smartphone oder meine Smartwatch?
Ich nutze gerne ein Logbuch für meine Trainingseinheiten um für mich selber eine Nachverfolgbarkeit zu haben – Was habe ich schon geschafft? Und wie habe ich mich ggf. in den letzten Wochen und Monaten entwickelt? Bin ich dieses Jahr mehr oder weniger gerudert als im Jahr zuvor oder vor 2 Jahren? 🤔
Wenn ich laufe, dann ist es für mich praktisch im Anschluss nachzuverfolgen, wo ich eigentlich entlang gelaufen bin, ich kann mir meine Pace angucken und auch die Herzfrequenz in Relation dazu. War das heute ein gutes Training, oder war es eher durchschnittlich?
Wenn ich trainiere, dann zeichne ich diese Daten in verschiedenen Apps auf, die meisten fließen zu Apple Health und ein Großteil landet ebenfalls bei Strava. „Strava or it didn’t happen, right?“ 🙃 Natürlich ist das Tracken der eigenen Fitness ebenfalls ein Zeichen nach Außen, aber auch ein Commitment sich selber gegenüber – bei Strava kommt zudem noch der soziale Aspekt mit hinzu, für mich ist das Netzwerk ebenfalls eine großartige Quelle an Inspiration für mein eigenes Training.
Wenn man einen Arzt befragt, welche die beste Vorsorgemedizin für ein langes Leben sei, dann wird zu 100% die Antwort sein: Bewegung. Eine Pille ist wesentlich einfacher zu verschreiben als regelmäßige Bewegung, gleichwohl Letztere die nachhaltigere Form der Gesundheit ist. Es kann sich also nur noch um ein paar Jahre handeln, bis ein zukünftiger Gesundheitsminister vorschlagen wird auch persönliche Fitnessdaten in die elektronische Patientenakte zu integrieren. Das wäre nur folgerichtig, denn anhand dieser Daten können Ärzte relativ schnell auch ohne persönliche Anamnese feststellen, wie fit ein Mensch ist. Zunächst ggf. als freiwillige Datenspende 😉 Dann ggf. als Möglichkeit den Beitrag für die Krankenkasse zu reduzieren. „Sie bewegen sich viel? Unser Aktiv-Tarif ist genau richtig für Sie!“ 🙈
Und gleichzeitig kann man aber auch die dystopische Black-Mirror Version durchdenken: Möchte ich meine Fitnessdaten wirklich als Social Benchmark nutzen?
Oder à la Minority Report: In Outdoor-Fitness-Daten werden GPS-Koordinaten gespeichert, durch einen historischen Abgleich können Muster erkannt werden. Wann wird das nächste Mal voraussichtlich wo trainiert? Was passiert, wenn diese Daten kompromittiert werden? 🤔 Und welche Behörden haben Zugriff auf diese Daten, wenn diese einmal in meiner Patienenakte gespeichert wurde? 🕵🏻♂️🔎
Aber um keine unnötigen Ängste zu schüren: Nicht jedes Training muss aufgezeichnet werden, nicht jeder Standort geteilt werden und noch leben wir ja nicht in diesem dystopischen Abzweig der Realität. 😅✊🏻
Wer hat die Datenhoheit?
Wir leben in spannenden Zeiten, in denen sich die politische Agenda vielerorts in Richtung konservativer Strömungen bewegt. Wer heute von Datenhoheit spricht, mag von Zynikern belächelt werden – „Was ist digitale Selbstbestimmung wert, wenn grundlegende demokratische Strukturen brüchig werden?“ Doch genau hier liegt der Kern der Verantwortung: In einer idealen Welt sollte jeder Mensch jederzeit die volle Kontrolle über seine Fitnessdaten haben.
Strava or it didn’t happen? Kürzlich erhielt ich von Strava eine E-Mail in welcher bzgl. der Datenattribution von Garmin aufmerksam gemacht wurde:
Garmin Data Attribution: Activity data obtained through the Strava API may include data that requires attribution to Garmin. Therefore, if your application displays information derived from Garmin-sourced data, you must display attribution to Garmin in the form and manner required by Garmin’s brand guidelines.
Holy Moly! 😅 Brand guidelines auf API Ebene? 🥹 Das ist mal eine weitsichtige Änderung im Jahr 2025 – Garmin möchte in Zukunft auch wissen wo meine „Ihre“ Daten verwendet werden. Sieht sich Garmin in Zukunft schon als zertifizierter Datenlieferant für die elektronische Patientenakte? 🤔 Oder ist das nur eine weitere Eskalationsstufe in dem Verhältnis zwischen Garmin und Strava?
Datenhoheit bedeutet nicht nur Zugriff, Korrektur und Löschung, sondern auch Transparenz darüber, wer die Daten wann und wofür nutzt. Nutzer sollten verstehen, wie ihre Informationen verarbeitet werden, welche Algorithmen Entscheidungen beeinflussen und welche Folgen eine Weitergabe an Dritte haben könnte. Datenhoheit ist keine abstrakte Forderung, sondern eine Grundvoraussetzung, damit Technik dem Menschen dient – und nicht umgekehrt.
Darüber hinaus müssen Systeme so gestaltet sein, dass Missbrauch praktisch ausgeschlossen wird. Sensible Informationen über Gesundheit und körperliche Aktivität dürfen nicht als Hebel für soziale Kontrolle, Versicherungsboni oder Profilbildung dienen. Wer heute die Architektur solcher Plattformen entscheidet, legt fest, ob digitale Selbstbestimmung in Zukunft Realität oder Illusion wird.
Der Appell ist klar: Datenhoheit ist ein Menschenrecht der digitalen Ära. Wer sie ernst nimmt, gestaltet nicht nur sichere Fitness- und Gesundheitssysteme, sondern schützt gleichzeitig die individuelle Freiheit, die auch in einer zunehmend vernetzten Welt unverzichtbar bleibt.
Die Richtung der Entwicklung ist eigentlich vorhersehbar: Welchen Datenanbietern kann man wirklich trauen, welche Daten sind „echt“ und können diese durch Hashwerte ggf. bestätigt oder zertifiziert werden? Garmin als Premium-Datenlieferant für die Patientenakte?
Fitnessgeräte Hersteller als Gatekeeper
Als Konsumenten haben wir eine Verantwortung und Wahl, wenn es darum geht Fitnessgeräte zu wählen, die datenschutzfreundlich sind.
Offene Standards, Geräte ohne zwingende Cloudanbindung und solche, die lokale Datenspeicherung ermöglichen, sind ein Schritt in die richtige Richtung. Nur so behält man die Kontrolle über die eigenen Fitnessinformationen und kann frei entscheiden, welche Daten man teilen möchte – und welche nicht.
Fitness sollte Freiheit sein – und keine Abhängigkeit von Apps, Herstellern oder Plattformen.
In diesem Sinne: Stay healthy & sane 😉🤙🏼



