Viele Hersteller von Rudergeräten haben eine Vergangenheit und eine Verbindung zum Rudern auf dem Wasser: Bspw. Waterrower, Concept2, Rowperfect, Augletics oder Biorower – Nur wenn man wirklich weiß, was es benötigt um gut trainieren zu können, kann auch ein Gerät entwickelt werden, welches dafür idealerweise geeignet ist. Copycats sind schnell erstellt – Innovation benötigt jedoch Zeit und häufig auch Geld.
Wenn ich sonst über smarte Rudergeräte schreibe oder zumindest die Interaktion von verschiedenen Geräten mit modernen Funk-Standards, Webschnittstellen und Sportuhren dann ist es ein weiter Weg bis dahin gewesen.
Für die Ruder-Archäologen unter uns also in diesem Artikel die Blickrichtung in die andere Richtung. Woher kommt eigentlich das Rudergerät und wie hat es sich entwickelt?
Inhalte
Was mich persönlich an Geschichten von Produkten wie dem Rudergerät fasziniert ist die zeitliche Einteilung – was wir heute für gegeben annehmen, war lange Zeit nicht üblich und irgendwann einmal eine Innovation. Das hatte ich bspw. schon bei der Massagepistole beschrieben – die ersten Massagesessel wurden in den 50er-Jahren von Fujiiryoki gebaut – gar nicht so lange her. Mittlerweile gibt es mehrere Hersteller. Rudergeräte gibt es schon etwas länger, hauptsächlich vorangebracht durch das Rudern und den Rudersport auf dem Wasser.
Von dem Griechen Chabrias 400 vor Christus wurde folgende Idee ausgedacht:
Um unerfahrene Ruderer zu trainieren, baute Chabrias an Land hölzerne Rudergerüste, in denen Anfänger Technik und Timing lernen konnten, bevor sie an Bord gingen.
In seinen vielen Formen waren es die Bootsrennen, die das Bedürfnis weckten, auch an Land zu trainieren.
Wo fängt man mit der Geschichte an, wenn es nur bedingte Möglichkeiten der Nachweise gibt? Patente waren und sind immer noch eine Möglichkeit geistiges Eigentum zu schützen und das galt ebenfalls für Maschinen mit denen man rudern konnte. Seit 1790 gab es in den USA die Möglichkeit Patente anzumelden.
Das erste Rudermaschinenpatent
Die Geschichte des (patentierten) Rudergeräts beginnt in den 1800er Jahren. 1872 wurde in den USA ein Patent für das erste Rudergerät erteilt. Das Patent wurde William Buckingham Curtis gut geschrieben und umfasste ein Schwungrad und ein Ratschensystem.
Curtis setzte sich für die Beseitigung von Betrug und Korruption im organisierten Sport ein und wurde als „Vater der Amateursportarten“ bekannt. Im Jahr 1888 gründete er die Amateur Athletic Union, aus der schließlich das Olympische Komitee der USA hervorging. Außerdem gründete er den New York Athletic Club.
Curtis galt einst als einer der stärksten Männer der Welt.
Wenn man sich das einmal bildlich vorstellt: Einer der stärksten Männer der Welt hat ein Gerät entwickelt, mit welchem man Rudern kann. Warum hat er das gemacht?
Vermutlich weil er wusste, wie und wann man ein Patent anmelden konnte, oder aber Menschen in seinem Umfeld hatte, die es wussten – aber sicherlich auch aus der puren Freude, welche dieses Gerät Ihm bereitet hat. Er konnte damit effizient und effektiv, gelenkschonend seinen ganzen Körper trainieren.
Bis heute gibt es nicht viel Vergleichbares, oder? Das Rudergerät war 1872 bereits ein „Next-Level“ Ergometer.
Gut abgehangen: Die ersten kommerziellen Rudergeräte
Obwohl sich die Maschine stark von den heute Verwendeten unterscheidet, war sie die Grundlage für die Geräte, die Weltklasse-Sportler und Amateure heute verwenden.
Die Schwungradkonstruktion wird auch heute noch verwendet. Obwohl sie sich stark verbessert hat, vor allem in Bezug auf den Bewegungsablauf, ist sie oft die erste Wahl für verschiedene Rudergerätehersteller.
Edward J. Kerns hat am 8.März 1899 das obige Patent für ein Rudergerät eingereicht, am 16. Januar 1900 wurde dieses vom Patent- und Markenamt der USA veröffentlicht. Dieses Gerät war in den 1900er Jahren ein häufig verwendetes Design.
1896 wurde Rudern olympisch, allerdings erst in 1900 zum ersten Mal ausgetragen. In den 1900er Jahren nimmt die Geschichte der Rudergeräte schließlich größere Ausmaße an. Angesichts der zahlreichen Ruderwettbewerbe zwischen den Hochschulen waren die Studenten daran interessiert, bessere Leistungen zu erbringen.
Aus diesem Grund wurden die ersten kommerziellen Rudergeräte an Hochschulen wie Columbia, Oxford oder Cambridge verkauft. Sie boten die perfekte Alternative für das Training außerhalb der Saison.
Das hydraulische Rudergerät der Narragansett Machine Company wurde zwischen 1900 und 1960 in Massenproduktion hergestellt und verwendete einen linearen pneumatischen Widerstand.
Auch heute gibt es noch hydraulische Rudergeräte, bspw. von Stamina – ein US-Unternehmen, welches seit 1987 Fitnessgeräte herstellt.
Gjessing Ruder-Ergometer
Da die ersten Geräte keinen besonders großen Widerstand boten, gab es Raum für Innovation. Mehrere Konstruktionen versuchten, die Reibung oder die Intensität der Ruderbewegungen zu messen, um die Leistung zu messen.
Erst die zusätzlichen Gewichte, die Gjessing Nilson in den 70er Jahren anbrachte, brachten die Rudergeräte ihrem modernen Zweck näher.
Durch die Verwendung verschiedener Gewichte konnten die Studenten nun ihre Ruderleistung messen und sowohl an ihrer Kraft als auch an ihrer Rudertechnik arbeiten.
Design und Bewegungsablauf war damals nicht annähernd so ausgefeilt wie heute. Thema: Kraftkurve und Druckverlauf. Die Bewegungen damals waren nicht besonders flüssig, und die Konstruktionen so komplex, dass es nicht einfach war, die Geräte von Ort zu Ort zu transportieren. Es waren stationäre Ruderergometer.
Massenproduktion in den 80er Jahren
In den frühen 80er Jahren begannen Rudergeräte wirklich als praktikable Trainingsmöglichkeit angesehen zu werden. Mit immer leichteren Konstruktionen waren die Rudergeräte nun so weit, dass sie problemlos zu ihren Benutzern transportiert werden konnten.
Außerdem ein große Innovation: In dieser Zeit wird ebenfalls die Luftwiderstandstechnologie entwickelt und revolutioniert damit die Rudergeräte.
Das australische Unternehmen Repco soll das erste Indoor-Rudergerät auf den Markt gebracht haben, welches mit einem einstellbaren Luft-Widerstand ausgestattet war.
Luft als Widerstand? History is Written by Victors: Concept2 ist dafür bekannt Geräte von herausragender Qualität zu fertigen. Dieses Foto ist legendär und zeigt die zwei Concept2 Gründer, wie das erste Concept2 Rudergerät mit einfachen Mitteln wie einem Fahrrad und einem Tunturi Schlitten gebaut wurde:
Die Kombination aus Schwungrad-Design und Luftwiderstand ermöglichte die Produktion des ersten Concept2.
Das Rudergerät wurde somit Anfang der 80er Jahre erstmals produziert und entwickelte sich zu einem sehr beliebten Gerät. Es hat einige Produkt-Iterationen hinter sich, heute ist es in vielen kommerziellen Fitnessstudios und in Homegyms vertreten:
Weltklasse Produkt für ein professionelle Rudertraining: Das Concept2 RowErg ist auf Effizienz getrimmt und hält ein Leben lang.
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Digitalisierung des Rudergeräts in den 90er Jahren
Wenn ich von den „typischen 90er-Jahre“ Rudergeräten und „Trainingscomputer“ schreibe, dann bezieht sich dies auf die Ära der Rudergeräte, die heute noch in vielen Haushalten stehen: Plastikverkleidung, Metall, LCD-Display.
Die 90er Jahre waren eine revolutionäre Zeit für viele Arten von Fitnessgeräten. Rudergeräte waren Teil der digitalen Revolution, in deren Verlauf die ersten digitalen Leistungsmessungen an Rudergeräten eingesetzt wurden. Wohlgemerkt häufig nur eine Umrechnung der Umdrehungen angepasst an die Zeiten, welche auf dem Wasser erzielt wurden – keine Messung der eingesetzten Kraft.
In dieser Zeit wurden ebenfalls pneumatische Ruder-Lösungen in den USA hergestellt, die sich jedoch nicht durchsetzen konnten, vor allem nicht bei Heimanwendern, da sie noch nicht sehr erschwinglich waren und noch recht weit von der tatsächlichen Rudererfahrung auf dem Wasser entfernt.
Raum für Innovation: Genau das Thema Rudererfahrung hatte sich der Niederländer Casper J. N. Rekers Anfang der 90er Jahre angenommen, als er das dynamische Rudergerät RP3 erfunden hat.
Der aktuelle Stand der Rudergeräte
Biorower, ein Unternehmen aus Österreich baut seit ca. 20 Jahren Rudergeräte mit dem gleichen Anspruch wie Row Perfect – das Rudererlebnis dem auf dem Wasser näher zu bringen.
Einmal entwickelte Rudergeräte werden häufig weiterentwickelt, neue Hersteller kommen in den Markt. Im Rudergerät Test wurde bspw. initial das RP3 Model S getestet, mittlerweile gibt es das Model T. Teilweise sind die Unternehmen Ihrer Mission treu geblieben, teilweise bewegen diese sich in Richtung Fitness- oder Lifestyle-Marken und das Rudergerät ist nur noch ein Teil des diversifizierten Produktportfolios.
Zuletzt ist meines Wissens das US-Unternehmen Peloton in den Markt der Rudergeräte eingestiegen und wirbt mit vernetzter Technik, welche ähnlich wie das Augletics Rudergerät Sensoren nutzt um die Technik zu analysieren und ein Feedback in Form eines virtuellen Coaches zu geben.
Rudergeräte waren noch nie so zuverlässig und leistungsfähig wie heute. Viele von ihnen sind kompakt, was für den Heimgebrauch praktisch ist. Sie sind voll digitalisiert, bieten Unterstützung für mehrere Benutzer und werden auch gerne als einfache Möglichkeit für eine Gewichtsabnahme genutzt und um eine bessere kardiovaskuläre Ausdauer zu erreichen.
Wer heute ein modernes Rudergerät kauft kann damit Trainingsergebnisse langfristig verfolgen und auf die Integration mit dem Smartphone setzen. Die Daten sind nicht mehr in einem Trainingscomputer gefangen.
Die gelenkschonende Wirkung von Rudergeräten ermöglicht ein Ganzkörpertraining für Alle, die fit bleiben wollen, nicht nur für Ruderer. Es ist immer wieder erstaunlich wie viele Menschen rudern oder das Rudergerät nutzen, um die persönliche Fitness aufzubauen und hochzuhalten. War das Rudern insbesondere zu Beginn noch den Ivy-League Universitäten vorenthalten, so hat es es schon lange den Weg in den Mainstream gefunden. Jeder kann und darf rudern, die Technik ist relativ einfach zu erlernen. Einmal gelernt kann immer wieder daran gefeilt und optimiert werden.
Die Zukunft der Rudergeräte
Bei der Geschichte der Rudergeräte darf ein Blick in die Glaskugel nicht fehlen. Die Vergangenheit mag retrospektiv interessant wirken, bei der Zukunft liegen die Vorhersagen häufig daneben. Grund genug es ebenfalls zu versuchen. 🙂
Vor einigen Jahren war man davon ausgegangen, dass ggf. Wearables einen Einfluss auf das Training haben könnten. Sensoren in der Kleidung, welche eine genaue Messung der Ruderbiomechanik ermöglichen: Position, Tempo, Rudertechnik. Ich habe bisher dazu noch nicht all zu viel gesehen, aber die Auswertung der Ruderbiomechanik ist trotzdem vorangeschritten. Es gibt in der Tat mehr Sensoren, Pods und auch die Videoanalyse wird mittlerweile durch KI unterstützt.
Was logisch und klar ist: Alles was man messen kann, wird zukünftig gemessen. Die sinnvolle Integration in Anwendungen und Auswertungen ist der Knackpunkt – in diesem Feld wird es sicherlich weitere Innovationen geben. Software is still eating the world.
Wir kennen aus dem Radsport die Powermeter, welche in Pedalen verwendet werden. Der Rudersport wird mit ähnlichen Messmethoden ebenfalls beglückt werden, seien es Sensoren in den Riemen oder Griffen – die Kraft wird dort gemessen werden, wo diese entsteht.
Ob sich das smarte vollintegrierte Rudergerät durchsetzt oder eher Rudergeräte mit smarter Konnektivität, hängt aus meiner Perspektive maßgeblich vom Konsumenten ab.
Auf dem Wasser ist es völlig klar – es wird zusammen im gleichen Rhythmus gerudert, auf dem Erg rudert jeder zu Hause sein eigenes Tempo. In Bootshallen werden manchmal Rudergeräte in Reihe gestellt um zusammen zu Rudern – online gibt es das bisher noch nicht. Mit immer schnelleren Internetverbindungen kann ich mir jedoch vorstellen, dass es in immersiven Spielen wie bspw. EXR ebenfalls das „Gemeinsame Rudern“ geben könnte, bei welchem die Schlagzahl bzw. das gleiche Tempo gehalten werden muss, um mit anderen Teams im Wettkampf zu stehen.
Die Geschichte der Rudergerät Entwicklung zeigt, dass es unterschiedlichste Geräte gab, auf denen das Rudern trainiert wurde und heute noch wird. Aber unabhängig auf welchem Gerät trainiert wird: Keep on rowing!