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Rückenschmerzen beim Rudern vermeiden

Eine Sache, welche ich bereits in drei Artikel aufgegriffen habe ist die richtige Haltung beim Rudern und mögliche Folgen durch eine falsche Technik.

In dem Artikel zu Widerstandsarten wird darauf eingegangen, was passiert wenn der Widerstand zu hoch gewählt wurde und zu viel Kraft aus dem Rücken erfolgt.

Und in dem Artikel zum richtigen Rudern wurde auf die Technik eingegangen. Eine richtige Technik ist insbesondere am Anfang sehr wichtig, es ist einfacher eine Technik neu zu lernen als eine falsch gelernte Technik zu korrigieren.

Zu guter Letzt wurde in dem Artikel zur Kraftkurve auf mögliche fehlerhafte Techniken eingegangen und die daraus resultierenden Folgen.

In diesem Artikel soll auf Rückenschmerzen in Kombination mit Rudern eingegangen werden.

Warum? Ich sitze ähnlich wie viele andere Menschen einen großen Teil meiner Arbeitszeit am Schreibtisch und nutze den Sport als Ausgleich.

Rückenprobleme hat jeder Erwachsene irgendwann einmal im Leben – diese sollten möglichst nicht durch etwas Positives wie das eigene Rudertraining erzeugt werden. Im Gegenteil – durch das Rudertraining kann der Rücken gestärkt werden.

Welche Verletzungen gibt es beim Rudern?

Bisher gibt es meines Wissen nur eine Handvoll wissenschaftlicher Arbeiten und Erkenntnisse daraus, welche Verletzungen beim Rudern auftreten können. Die älteste Arbeit dazu konnte ich von 2008 finden, die Aktuellste (eine Pilotstudie) von 2022.

Ich habe mir 2 Arbeiten näher betrachtet und möchte aus diesen meine Erkenntnisse teilen:

Verletzungen bei internationalen Ruderern

Es gibt eine Irische Studie, die im Jahr 2008 im British Journal of Sports Medicine, veröffentlicht wurde. Im Jahr 2010 wurde diese aktualisiert. Es ist eine der häufigsten erwähnten und verlinkten Studien, gerade in Bezug auf den Wettkampfsport.

Hier die Zusammenfassung:

Es wurde eine mittlere Verletzungsrate von 3,67 pro 1000 Expositionsstunden mit insgesamt 44 gemeldeten Verletzungen in einem 12-Monats-Zeitraum festgestellt.

 

Die durchschnittliche Anzahl der Verletzungen pro Athlet betrug 2,2 (1,24) über den 12-Monats-Zeitraum. Der Bereich, in dem die meisten Verletzungen gemeldet wurden, war die Lendenwirbelsäule (31,82 % der Gesamtverletzungen, 95 % CI 20 bis 50) (Abb. 2), gefolgt vom Knie (15,91 % der Gesamtverletzungen, 95 % CI 10 bis 30) und der Halswirbelsäule (11,36 % der Gesamtverletzungen, 95 % CI 5 bis 24).

 

Die Hälfte der Verletzungen (22 Verletzungen, 50 % der insgesamt gemeldeten Verletzungen) betraf die Wirbelsäule (χ2 = 30,8, df = 9, p = 0,0003). Die Trainingsbelastung auf dem Ergometer war am stärksten mit dem Verletzungsrisiko verbunden (r = 0,68, p = 0,01).

 

Internationale Ruderer haben ein höheres Verletzungsrisiko als die meisten Nicht-Kontaktsportarten und einige Kontaktsportarten.

 

Das hohe Verletzungsrisiko für die Lendenwirbelsäule und der signifikante Zusammenhang mit einem hohen Ergometertrainingsvolumen verdienen weitere Untersuchungen, um verletzungsbedingte Zeit- und Wettkampfverluste zu reduzieren.

Meine Schlussfolgerung zu dem Ergebnis: Es gibt noch zu wenig Datenreihen und wissenschaftliche Erkenntnisse zu Verletzungen im Heimgebrauch bei Rudergeräten.

Die Informationen bzgl. Verletzungen wurden bei Ruderern im Profisport gesammelt, welche in der Regel eine wesentlich höhere Trainingsintensität haben als dies im Heimgebrauch der Fall ist.

Meta-Studie zu Verletzungen im Rudersport

Die zweite Studie, welche ich näher betrachtet habe ist eine Meta-Studie zu Verletzungen im Rudersport aus dem Jahre 2012.

Diese Studie wurde zu dem Zweck erstellt Vertrautheit mit den Verletzungsmustern und den biomechanischen Kräften zu erlangen, welche auf den Rudersportler einwirken. Dadurch kann eine schnellere Diagnose und eine angemessenen Behandlung durchgeführt werden.

In der Studie wird folgendes Ergebnis präsentiert:

Ruderverletzungen sind in erster Linie auf Überlastung zurückzuführen. Am häufigsten sind das Knie, die Lendenwirbelsäule und die Rippen betroffen. Die Verletzungshäufigkeit steht in direktem Zusammenhang mit dem Trainingsumfang und der Technik.

Spannend in der Arbeit sind die Graphen des Elektromyogramms. Es gibt ein interessantes Detail:

Aktuelle Trainingsprogramme beinhalten lange aerobe Einheiten auf dem Ergometer mit einer niedrigeren Schlagfrequenz und einer relativ höheren Belastung pro Schlag. Ergometerstücke von mehr als 30 Minuten Dauer stehen in signifikantem Zusammenhang mit der Entwicklung von Schmerzen im unteren Rückenbereich. Die Auswertung der Belastung am Ruder bei gleichbleibendem Tempo und veränderter Schlagfrequenz ergab eine signifikante Abnahme der Belastung und der damit verbundenen Scherbelastung bei steigender Schlagfrequenz, was auf den Vorteil einer höheren Ruderkadenz zur Verringerung der Belastung des unteren Rückens hinweist

Somit ist es ein Votum für eine höhere Kadenz, also mehr Strokes per Minute bei einem zeitlich kürzeren Training. Dies steht im krassen Kontrast zu Steady State. 🤔

Der Konsens der Studie lautet jedoch, dass eine Überanstrengung und zu viel Training die häufigste Ursache für Schmerzen ist.

Mein Fazit zu Rückenverletzungen im Rudersport

Wenn man nach Beschwerden im Internet sucht, dann kann das schnell ein Hasenloch sein aus welchem man nicht mehr so schnell raus kommt.

Ich möchte in diesem Artikel nicht den primären Fokus auf Beschwerden legen, trotzdem werden die Informationen benötigt um eine Einschätzung zu treffen.

Meine abschließende Einschätzung zu den Studien ist, dass Beschwerden im Rücken hauptsächlich durch ein zu intensives Training erzeugt werden.

Das richtige Maß zu halten und das Training an die Möglichkeiten des Körpers anzupassen ist eine mögliche Strategie um Verletzungen zu verhindern.

Ist rudern gut für den Rücken?

Wie in den Studien aufgezeigt, besteht die Möglichkeit der Rückenverletzung – auch wenn dies in den meisten Fällen durch eine zu hohe Intensität des Rudertrainings hervorgerufen wird.

Insbesondere Anfänger überschätzen die eigene Fitness und trainieren zu intensiv. Sei es eine zu hohe Kadenz, Dauer oder Kraft, welche im Training verwendet wird. Zu Beginn sollte eine geringere Kadenz (SPM) gewählt werden, welche im Laufe der Zeit gesteigert werden kann.

Thema Falsche Rudertechnik: Gleichzeitig ist die Ruder-Technik (Kraft aus dem Latissimus) jedoch entscheidend, um keine Rückenschmerzen durch das Rudern zu verursachen.

Horst Schlämmer - Ich hab Rücken
Falsche Rudertechnik? Niemals!

Falls durch das Rudern Rückenschmerzen erzeugt werden, so sollte zunächst einmal analysiert werden, wo diese Schmerzen auftreten. Anschließend kann eine angepasste Technik diese Schmerzen verhindern.

Oberer und mittlerer Rücken

Handelt es sich um Schmerzen in Schultern und Nacken, also dem oberen oder mittleren Rücken, so kann dies durch das falsche Ziehen des Griffes entstehen.

Muskeln beim Rudern in der Durchzugphase mit dem Arm
Die Arme werden komplett an den Körper gezogen, der Rücken noch ein wenig nach hinten gelehnt

Normalerweise wird der Griff in der Höhe des Bauches bis maximal in die Höhe der Brust gezogen.

Wird jedoch der Griff höher gezogen, also in Richtung Hals oder Gesicht, so wird dies die Muskulatur der Schultern und des Nackens stärker beanspruchen als üblich.

Unterer Rücken

Wesentlich häufiger kommt es zu Schmerzen im unteren Rücken. Hierzu gibt es 2 wesentliche Punkte, welche es zu beachten gilt:

  1. Rücken nicht zu schnell nach hinten ziehen
  2. Den richtigen Widerstand wählen

Die Verbesserung der Körperhaltung ist für mich ein konstantes Thema, welchem ich häufig während dem Training meine Aufmerksamkeit schenke. Das frühe Bewusst machen der Haltung ist elementar für ein langes Rudertraining, daher beschreibe ich bei dem folgendem Punkt meine persönliche Erfahrung:

Rücken zu schnell nach hinten lehnen

Der Rücken sollte möglichst während dem Durchzug, also der 2. Phase gerade sein. Erst in der 3. Phase, dem Heranziehen der Arme beugt sich der Körper leicht nach hinten:

Muskeln beim Rudern in der Durchzugphase mit dem Arm
3. Phase: Die Arme werden komplett an den Körper gezogen, der Rücken ein wenig nach hinten gelehnt

Insbesondere bei hohen Kadenzen neigt bei mir z.B. der Oberkörper dazu, den Ablauf „zu verkürzen“ und bereits zu früh nach hinten zu lehnen.

Dadurch wird mehr Druck und Spannung im unteren Rückenbereich erzeugt.

Für mich persönlich bedeutet dies, auch bei Trainings mit einer hohen Strokes per Minute Frequenz den Rücken gerade zu halten und nicht abzurunden.

Widerstand zu hoch eingestellt

Bei dem Waterrower kann Wasser nachgefüllt werden, bei dem Concept2 Rudergerät kann der Drag-Factor durch eine Einstellung verändert werden.

Augletics als auch First Degree Fitness Rudergeräte bieten eine Möglichkeit an den Zugwiderstand einzustellen.

Sollte zu Beginn ein zu hoher Widerstand eingestellt sein, welcher nicht dem Körpergewicht und der eigenen Kraft entsprechen, so neigt der Körper ebenfalls dazu, dies durch eine Krümmung des Rückens auszugleichen.

Der richtige Widerstand ist daher ebenfalls entscheidend um Rückenprobleme zu vermeiden.

Mit Rückentraining den Rücken stärken

In diesem Artikel bin ich maßgeblich auf den Rücken im Rudertraining eingegangen, um Ruderern und insbesondere im Freizeitbereich eine Informationsquelle zu geben. Es gibt bisher recht wenige Informationen dazu. Was man jedoch häufiger auffindet ist die Warnung nicht zu Rudern, wenn bereits Rückenschmerzen vorhanden sind.

Daher möchte ich das hier auch noch einmal aufgreifen, just in case. Die beste Zusammenfassung dazu gibt es beim NDR.

Vor Trainingsbeginn sollte jedoch unbedingt ein Gesundheits-Check beim Arzt erfolgen. Bei Erkrankungen der Wirbelsäule, wie frischen Wirbelkörperbrüchen, akuten Bandscheibenvorfällen oder Entzündungen der Wirbelsäule raten Experten vom Rudern ab.

Klingt für mich logisch und nachvollziehbar. Gleichzeitig ist Rudern für den Rücken etwas Positives:

Mit dem Rudern den Rücken stärken? Ja, das ist ebenfalls möglich!

Wenn das Rudern richtig ausgeführt wird, dann werden dadurch die Rückenstärke und Flexibilität verbessert und somit Rückenschmerzen durch eine starke Rückenmuskulatur vorgebeugt.

Hierzu hilft erneut die Darstellung der benötigten Muskulatur beim Rudern:

Muskeln beim Rudern mit dem Körper
Arme und Rücken ziehen nun zeitgleich nach hinten

In der Durchzugsphase werden sehr viele Muskeln des Körpers gleichzeitig genutzt. 60% der Kraft kommt aus den Beinen, 20% aus dem Oberkörper und 20% aus den Armen.

Die 20% Kraft aus dem Oberkörpers beansprucht die Trapezmuskel, Deltamuskel, Rhomboids sowie die Rückenstreckmuskel (Schulter und Rücken).

Das Rudergerät ist einer der effektivsten Rückentrainer und ideal für Menschen, die viel am Schreibtisch sitzen und Ihren Rücken stärken möchten.

Starke Muskeln beugen Verletzungen der Sehnen und der Knochen vor, da diese bei einer ungewohnten Bewegung den Körper besser unterstützen können.

Wird somit die richtige Technik genutzt, so werden Muskelgruppen des Rückens positiv beeinflusst und gestärkt.

Artikel veröffentlicht am 13. September 2022

Von Ulf

Seit Anfang 2022 habe ich den Rudersport für mich entdeckt. Ich rudere regelmäßig, das Rudern ist Teil meines Alltags geworden und auf diesem Blog beschreibe ich meine gesammelte Erfahrung zu Rudergeräten, virtuellem Training, Fitness Gadgets sowie alles rund um den Sport Indoor-Rudern. Mehr über mich

2 Antworten auf „Rückenschmerzen beim Rudern vermeiden“

Hallo Ulf, glaube mich an die Irische Studie zu erinnern, stand – wenn ich mich nicht täusche – auch drin dass wenn man beim Riemen Rudern häufiger die Seite wechselt dies auch mit einem erhöhten Verletzungsrisiko einhergeht?
Bin persönlich beim Thema „Rudern und Schmerzen/Verletzungen …“ vor kurzem zu einer anderen Sichtweise gekommen und möchte diese in einem Rat zusammenfassen: nur LOCKER und OHNE KRAFT Rudern.
Ich habe mich davon überzeugen lassen, dass dieses Mind-Set erforderlich ist um Probleme zu vermeiden und die richtige Grundeinstellung sowohl für das Rudern auf dem Wasser als auch auf den Ergos und im Training ist.
Der Hintergrund dieser Empfehlung ist dass die Oberschenkel- und Armmuskulator bei der Körperhaltung beim Rudern ohne weiteres so grosse Kräfte entwickeln können dass der Rest des Körpers (insb. die Schulter- und Rückenmuskulatur, aber auch andere Schwachstellen wie Handgelenke, Sehnen usw. ) solche Kraftströme nicht verarbeiten können – selbst wenn man ruder-technisch gesehen „perfekt“ Rudern würde.
Der Mensch ist wohl zum Laufen aber nicht zum Rudern optimal konstruiert, wenn ein Überleben vom Rudern abgehangen hätte sähen wir heute wohl alle anders aus?
Bzgl. Rudern sollte man Kraft nicht betonen sondern vor „Kraft“ (Stronger, …) warnen: Kraft schadet eher als das sie nutzt. Rudern ist keine optimale Kraftübertragung (sondern optimierte Energie/Impuls-Ãœbertragung) und – ausser bei den ersten 10 Startschägen – auch kein limitierender Faktor (Ruderer sind auf Strecke sowieso immer unter 80% ihrer Maximalkraft)?

Hallo Micha,
besten Dank für Deinen Kommentar! Die irische Studie hatte ich im Artikel leider nicht verlinkt, hier ist diese im Volltext. Wobei es mittlerweile weitere Studien gibt, die eine größere Gefahr für den Rücken im Bereich des übermäßigen Ergometer Ruderns sehen und das dynamische Rudern als rückenschonender betrachten. Mit Aram Lemmerer hatte ich mich hierzu ebenfalls ausgetauscht, das Video dazu gibt es im Biorower Artikel, er ist davon überzeugt dass dynamisches Rudern besser für den Rücken ist.

Vielen Dank für Deine Sichtweise, das ist sicherlich hilfreich – wie Du beschreibst ist der Mensch nicht optimal für das Rudern konstruiert worden. Die Impulse mit zu hoher Kraft, gerade bei einem harten Catch können auch aus meiner Perspektive ein Auslöser für Schmerzen sein. Aber ich bin da kein Profi und versuche lediglich meine Erfahrung mit dem eigenen Rudern und dem Lesen der Studien in Einklang zu bringen.

Schmerzen sind immer ein Zeichen des Körpers, dass etwas nicht richtig gemacht wird. Bevor ich also mit Schmerzen rudere oder davon schmerzen bekomme, suche ich lieber nach Möglichkeiten dies zu vermeiden, daraus resultierte der Artikel. Der Austausch darüber hilft, Danke Dir!

Beste Grüße
Ulf

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