Am 16. Februar 2021 hatte Patrica in Ihrem Moms Blog zu der Erfahrung mit einem Heimtrainer geschrieben, bzw. den Artikel auf 2019 noch einmal aktualisiert. Sie ist ebenfalls ansonsten wie ich draußen am Laufen und hat ähnlich wie ich eine Möglichkeit gesucht bei schlechtem Wetter drinnen zu trainieren.
Das hat mich natürlich interessiert, denn wer den Beitrag aufmerksam ließt, wird feststellen dass Sie darin im Fazit zusammen gefasst hat:
Inzwischen hat der Hype deutlich nachgelassen und wir nutzen das Bike nur noch bei sehr schlechtem Wetter
Ob Hype oder Trend – ist das Schicksal von Heimtrainern immer gleich festgeschrieben? Der euphorische Start, gefolgt von einer stetigen Entwöhnung bis zu dem Zeitpunkt an welchem das Gerät verstaubt oder als teurer Kleiderständer dient?
Inhalt
This time is different! Ein Satz, der an der Börse fatal enden kann. Bei Fitnessgeräten hält sich der Schaden einer „Fehlinvestition“ jedoch stark in Grenzen. Zumal bestimmte Geräte einen hohen Werterhalt genießen.
Als ich mit dem Rudern begonnen habe, bekam ich aus meinem Umfeld 2 Rückmeldungen, die ich gerne teilen möchte:
„… das mit dem Rudern hat mich echt überrascht …“
Sowie als Kommentar auf den Kinomap Artikel
„Nice. Von sowas habe ich 2015 nach meiner ersten Waterrower Session geträumt.“
Ich finde, das zeigt recht gut die Ambivalenz und die Wahrnehmung auf Heimtrainer in Allgemeinen und speziell noch bezogen auf Rudergeräte. Vielleicht hängt es tatsächlich mit der Motivation zusammen, das Gerät längerfristig zu nutzen.
Gibt es ein Comeback?
Patricia hatte Ihren Artikel so aufgebaut, dass Sie im Vergleich zu teuren App-Abos günstige Alternativen vorgestellt hat. Der Peloton Hype dürfte mittlerweile wieder etwas abgeflacht sein, das Interesse dürfte vermutlich wesentlich durch die Corona Pandemie gesteuert worden sein.
Gleichzeitig hatte ich ja mit Kinomap einen Austausch und habe bzgl. der Benutzerzahlen nachgefragt, ob das Interesse denn tatsächlich „nach“ der Pandemie nachgelassen hätte oder dadurch lediglich ein neuer Markt erschlossen wurde.
Die Antwort mag verblüffen, denn klar gab es während einer Zeit mit Lockdown und Social Distancing einen erhöhten Bedarf an alternativen Beschäftigungen, allerdings ist das Interesse auch noch danach vorhanden.
Der Unterschied dürfte somit in den digitalen Geschäftsmodellen liegen. Ein Ergometer wurde früher mit einem statischen Fitnesscomputer verkauft. Das Geschäft war getätigt und die Geschäftsbeziehung beendet. Das Abo-Modell wie bei Peloton ist jedoch etwas Anderes. Vermutlich gab es deswegen auch den Hype darum, es könnte dem Fitness-Studio Abo als Konkurrenz dienen, oder aber ähnlich wie bei Blockbuster (kennt man das noch?) und Netflix eine Disruption mit Verschiebung der Geschäftsmodelle bedeuten.
Geräte mit virtueller Fitness sind aus meiner Perspektive daher hoch im Trend, und getreu dem Motto „Startups gonna start“ sieht man dies an einer Reihe von neuen Geschäften und Apps, wie bspw. Wahoo, Zwift, Icaros, Kinomap, TacX (von Garmin gekauft), Gympass, Mirror oder bspw. Hydrow.
Das Geschäft mit der Fitness
Und es ist auch nicht verwunderlich, dass digitale Lösungen in den Sport Einzug halten. Lange wurde über im Fussball bspw. über die Torlinientechnik diskutiert. Heute ist die Videotechnik ein Teil des Sports, man hat sich daran gewöhnt.
Vermutlich werden genauso wie im Fussball ebenfalls digitale Lösungen in anderen Sportarten Einzug finden. Es werden verschiedene Modell ausprobiert, nicht gleich muss es so ein herber Rise & Fall wie im Falle von Peloton sein, aber natürlich können Versuche auch scheitern.
Wieviele Anläufe gab es bspw. von Google in den Fitness-Bereich zu kommen, bspw. durch den Aufkauf von Fitbit oder durch den kürzlich erneuten Anlauf der Google Watch.
Zahlen der Ergometer Industrie
Dann haben mich natürlich die „richtigen“ Zahlen interessiert. Ist der Ergometer Markt aktuell am Steigen, gibt es einen Trend oder Hype, der langfristig anhält wie in der Elektromobilität?
Zahlen habe ich bspw. beim Bundesamt für Statistik gefunden:
Damit besaß rund jeder vierte Haushalt (26,4 %) in Deutschland mindestens einen Heimtrainer. Der Anteil hat sich in den vergangenen Jahren – auch im Zuge der Corona-Pandemie – kaum verändert: 2016 lag er bei 25,6 %. Allerdings geht bei manchen Haushalten der Trend zum Zweit- oder Drittgerät: 2016 standen rund 11 Millionen Fitnessgeräte in den Haushalten, 2021 waren es rund eine Million Geräte mehr.
Die Einschätzung ist doch verblüffend. Innerhalb von 5 Jahren wurden 1 Mio. mehr Geräte gezählt, trotz der Pandemie. Ich würde dies also so interpretieren, dass der Markt weiterhin stetig steigt.
Außerdem habe ich bei Sportstech (die mit dem WRX 700 oder WRX 1000 Rudergerät) ebenfalls Informationen zum Fitness Markt gefunden.
Als E-Commerce-Unternehmen verzeichnete Sportstech im Jahr 2020 ein enormes Wachstum von rund 300 % – und ein Ende dieses positiven Trends ist noch lange nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die COVID-19-Pandemie hat vor allem den E-Commerce-Bereich auf ein neues Allzeithoch katapultiert – so wird allein der Home Fitness-Markt in Europa im Jahr 2022 nach aktuellen Schätzungen ein Geschäftsvolumen von 4,5 Milliarden Euro erreichen, bei einer Wachstumsrate von 2,62 % in den Jahren 2020 bis 2025.
Es handelt sich um Schätzungen, ein Wachstum von 2,62% ist nun nicht exponentiell, jedoch wie zuvor beschrieben stetig. Die Digitalisierung wird Ihr Übriges dafür tun, diese Rate noch zu erhöhen.
Was mich am Rudern und der virtuellen Fitness fasziniert
Nachdem ich die ersten Screenshots von Zwift in Strava gesehen habe, war für mich klar, dass diese Form der Fitness etwas verändern wird. Man könnte meinen, dass es sich um eine Spielerei handelt und nicht wirklich etwas mit dem Sport zu tun hat. Ich habe jedoch die starke Vermutung, dass es das Verhalten von vielen Menschen verändern wird. Und immer wenn sowas passiert, dann mag das in Retrospektive als ein Meilenstein angesehen werden.
Zwift war der Pionier im Radsport. Andere Teilnehmer im Markt wie bspw. EXR werden das Gleiche für den Rudersport umsetzen – aktuell stehen wir am Anfang.
Warum passiert also diese Verhaltens-Änderung? Ich bin kein Wirtschaftsweise und habe keine Glaskugel, aber ich versuche die verschiedenen Signale, welche ich in den letzten Jahren beobachtet habe zu verbinden.
Der E-Sport Markt bspw. boomt seit Jahren. E-Sport war das „hässliche Entlein“ in den 90ern, es gab nur wenige die daran glaubten, dass sich dieser Markt so stark entwickeln wird. Menschen sitzen einen Großteil Ihrer Zeit vor digitalen Geräten. Das Smartphone ist omnipräsent, natürlich wird es ebenfalls für die eigene Fitness genutzt, warum auch nicht?
Je interessanter die Möglichkeiten und Modelle zum Virtuellen Training werden, desto mehr Menschen werden es nutzen. Die Gamification Ansätze machen Spaß, das ist am Anfang insbesondere relevant – aber die Zahlen von Zwift bspw. zeigen, dass es dabei nicht bleibt und Profis die Angebote nutzen.
Die sozialen Elemente können, müssen aber nicht genutzt werden. Das macht die Sportart attraktiv.
Der lange Weg zur eigenen Sportart
Was ist eigentlich eine Sportart? Meine Kinder sind der festen Überzeugung, dass Hobby Horsing, also das Reiten auf einem Steckenpferd eine eigene Sportart wäre. Ich zweifle daran aktuell noch. Und wie sieht es mit Ergometern aus?
Ist der Sport auf einem Ergometer eine eigene Sportart, oder ist es lediglich die Indoor Variante einer viel größeren Sportart und „gehört einfach dazu“?
Ähnlich wie sich einzelne Sportarten bereits emanzipiert haben und aus der Nische zur größeren Verbreitung gefunden haben, so passiert das ebenfalls für Ergometer Sport. Seien es Rudergeräte, Fahrradergometer, Laufbänder oder Skiergometer. Die Verbreitung sorgt für einen eigenen Sport, der langfristig mit dem eigentlichen Sport nur noch „verwandt“ ist.
Wir leben in spannenden Zeiten – lasst sie uns nutzen! Keep on rowing 😉 🤙