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Rudergeräte Virtuelle Fitness

Economies of Scale

Sonntag Abend, die Kinder im Bett – Zeit für die eigenen Interessen. Rudergerät oder Entspannung auf der Couch? Ich wähle Beides – gucke eine Dokumentation (empfehlenswert) während ich ein Steady State Training durchführe. Entspannung.

In den letzten Tagen habe ich mich wieder mit WLED beschäftigt, Weihnachten kommt ja immer schneller als man denkt und dieses Jahr war eigentlich angedacht, die Beleuchtung mit smarten LEDs etwas interaktiver zu gestalten. Ich bin auf LedFX gestoßen, das lässt sich auf dem Mac mit Homebrew einfach und unkompliziert einrichten und baut auf der WLED API auf. Die Lampen synchron mit der Weihnachtsplaylist leuchten lassen – ein Kindheitstraum – wenn es dann plötzlich im Wohnzimmer Realität wird, wirkt das fast schon ein wenig surreal. Um die LEDs zu befestigen benutze ich nun Klebe-Klettband, das funktioniert etwas besser als das vorherige Klebeband, ist aber immer noch nicht ideal. Nur ein paar Pakete für LedFX installieren – das war einfacher als gedacht. Aber viel selber gemacht und gelernt habe ich dabei nicht – schade.

Wenn es darum geht Dinge zu bauen oder zu kreieren, dann möchte man möglichst schnell Ergebnisse, wobei die richtig guten Dinge in der Regel Zeit brauchen und zunächst ein Schritt nach dem Anderen erfolgen muss. Die einzelnen kleinen Schritte ergeben dann zusammen das Große.

Schnell oder Langsam?

In den letzten Tagen habe ich 2-3 News in dem Bereich der Rudergeräte gelesen, die mich nachdenklich gestimmt haben. Hydrow überlegt Cityrow zu übernehmen. Und Peloton hat 2-3 Ergatta Spiele integriert, die Benutzerzahlen gingen jedoch im letzten Quartal erst einmal zurück:

Die Zahl der Peloton-Mitglieder sank von 6,5 Millionen auf 6,4 Millionen. Die Zahl der bezahlten Abonnenten von Connected Fitness sank von 2,997 Millionen auf 2,964 Millionen. Die Zahl der bezahlten App-Abonnenten sank ebenfalls von 828.000 auf 763.000.

Gleichzeitig bringt Ergatta ein neues Einstiegsrudergerät heraus. Es ist von der gleichen Qualität wie der Waterrower WR3. Das erinnert mich stark an Inkjet-Drucker oder das Nespresso-Konzept.

Eine subventionierte Kaffee-Maschine mit der man dann im Anschluss nur noch preisintensiven Kapsel-Kaffee zubereiten kann. So ähnlich funktionieren auch smarte Rudergeräte mit Abo App-Connection – nur ohne den Alu-Sondermüll der Kapseln. Hat man kein Abo mehr, so sind die Geräte zwar noch funktionstüchtig, aber stark eingeschränkt. Eigentlich ein No-Go in heutigen Zeiten, oder? Gibt es nicht schon ausreichend Beispiele von Geräten, die nach dem Beenden eines Unternehmens erst befreit werden müssen um weiterhin zu funktionieren?

Hurry up, we’re dreaming

Kürzlich habe ich davon gelesen, dass AVM aus Berlin verkauft werden soll. Ich fand die Fritz Produktpalette immer super, gerade weil es auch für ältere Produkte noch Softwareupdates gibt. Als ich von dem Verkauf gelesen habe, war mein erster Gedanke: Oh-oh – dieses „generöse“ Unternehmensverhalten um die alten Geräte weiterhin zu unterstützen wird dann vermutlich eingestellt. Cost cutting. Ist das Legacy, kann das weg? Die eigenen Kunden mit Ihren Geräten zu unterstützen wirkt auf den ersten Blick aufwändig und kostenintensiv – langfristig bringt es jedoch aus meiner Perspektive eine Kundenbindung, die seines Gleichen sucht, oder? Ich zumindest schätze das sehr, es hat einen hohen Stellenwert bei mir. Wenn das funktioniert, dann fühlt sich das gut an. Trust. Reliability.

Wie lange ist die Lebensdauer von Geräten? Bei Rudergeräten ist es sehr lang – die meisten Geräte werden länger als 30 Jahre genutzt. Idealerweise möchte man dabei doch ein Gerät haben, welches ebenfalls technisch so lange funktioniert und im besten Fall ggf. sogar updatekompatibel ist. Erst kürzlich habe ich wieder ein Update des Concept2 Rudergerätes erhalten – mittlerweile funktioniert das Update des Dinosauriers PM5 über die App ErgData. Komfortabel, over the air:

Als ich in Wien bei Biorower war, wurde mir dieses Prinzip von Aram in einem Nebensatz erläutert. Hat man einmal einen Biorower gekauft, so kann man sich darauf verlassen in Zukunft weiterhin bei Neuerungen ebenfalls davon zu profitieren.

Als ich mich mit Flavio von Augletics unterhalten habe, wurde mir erklärt dass ein stetiges langsames Wachstum des Unternehmens ideal wäre. Das sorgt für Kontinuität und Stabilität, auf welche man sowohl als Kunde als auch Unternehmen bauen kann. Was nützt ein schnell wachsendes Fitness-Unternehmen, welches nach ein paar Jahren nicht mehr am Markt ist und keine Updates mehr für das Rudergeräte bereitgestellt werden?

Im krassen Gegenzug stehen dabei die amerikanischen Unternehmen, welche durch Private Equity alle finanziellen Möglichkeiten haben, den Markt disruptiv aufzumischen. Venture Capital guckt dabei auf den Recurring Revenue durch Abo-Modelle, möglichst geringem Churn der Kunden, die das ganze Jahr über Ihr Abo abschließen, auch wenn ggf. nur die Wintermonate dafür genutzt werden. Die Rudergeräte sind dabei nur Mittel zum Zweck – nicht im eigentlichen Interesse des Unternehmens. Wie die Kaffeemaschine. Ein Unternehmen soll gebaut werden, in welchem die Kundenverbindungen das eigentliche Asset darstellen.

Ich glaube beide Modelle haben Ihre Berechtigung – je nachdem welchen Zeithorizont man betrachtet. Wie lange ist kurzfristig, mittelfristig und langfristig?

Wenn ich mir angucke, wie lange das Gedächtnis innerhalb von Unternehmen oder in der Politik ist, so sind 5-10 Jahre vermutlich ein Horizont der für die meisten Entscheidungen ausreichend ist. Die Welt dreht sich einfach viel zu schnell.

Keep the customer satisfied

Bei Fitnessgeräten sehe ich den erforderlichen Horizont von Unternehmen jedoch weitaus höher. Betrachte ich einmal die Zielgruppe dafür: Menschen ab 30 – 40 Jahre, welche im Besten Fall die nächsten 30 – 50 Jahre mit dem Unternehmen eine Kundenbeziehung haben. Holy Moly! Man stelle ich sich einmal vor, innerhalb dieses Zeitraumes passieren immer wieder Upgrades oder Materialersatz. Long and Strong.

Welche Skaleneffekte ergeben sich durch mehr Kunden bei Fitnessunternehmen? Ich denke es ist zunächst relevant die Kunden in aktive und passive Mitglieder zu unterteilen. Also solche, welche regelmäßig das Gerät benutzen und dabei einen Mehrwert haben sowie solche, welche ggf. zu Beginn aktiv waren, jedoch schleichend verschwinden. Aktive Kunden können viel eher durch Upgrades oder Zusatzangebote begeistert werden, passive Kunden sind hingegen wesentlich schwieriger anzusprechen.

Mit der Fitness ist es so eine Sache, beim Thema Fitness-Studio hatte ich es bereits einmal beschrieben. Die Studios sind eigentlich hoffnungslos überbucht, das Prinzip funktioniert nur, weil es viele passive Mitglieder gibt. Schließlich ist ein Workout ja anstrengend, wieso sollte man das freiwillig machen? Für sich selber zu erkennen, dass der Sport etwas Positives ist und dem Leben dienlich ist der erste Schritt. Dann ein System zu schaffen, wann trainiert wird, ist der nächste Schritt – und dann heißt es dran bleiben und die Routine pflegen. Und daran scheitert es dann in den meisten Fällen. Life is happening.

Wenn nun Rudergeräte Unternehmen die verschiedenen Strategien verfolgen, sprechen sie ebenfalls unterschiedliche Zielgruppen an.

Es gibt die Kunden, die ein monatliches Abo als einen „friendly reminder“ auf Ihrem Konto betrachten, dass dieser Dienst wieder einmal genutzt werden sollte. Wird der Dienst nicht mehr benötigt, wird dieser gekündigt und das Fitnessgerät wieder verkauft oder nach dem Leasing zurück gegeben. Eigentlich kein schlechter Gedanke – ich miete mir das Gerät nur so lange wie ich es tatsächlich benötige und gebe es dann wieder zurück. Sharing Konzepte gibt es schon lange für unterschiedlich teure Dinge (Autos, Fahrräder, Urlaub, … ), nun wird es erneut mit Fitnessgeräten zu Hause getestet.

Und dann gibt es solche, welche den Mehrwert in dem Workout an sich sehen, ohne eine dedizierte Anleitung oder Motivation zu benötigen. Das Fitnessgerät als Investition in die eigene Gesundheit. Es steht bereit, wenn Zeit vorhanden ist und kann den Alltag vereinfachen sowie die Fitness hochhalten, ohne monatliche Kosten jedoch mit einer initialen Investition.

Gibt es ein Upgrade oder ein neues Angebot, so können alle Kunden auf einmal angesprochen werden – einer der größten Skaleneffekte. Welche Art von Kunde ist nun eher bereit dieses Angebot anzunehmen? Derjenige, der bereits ein monatliches Abo hat oder derjenige, welche das initiale Invest getätigt hat?

Welches System auch genutzt wird – Keep on rowing!

Artikel veröffentlicht am 6. November 2023

Von Ulf

Seit Anfang 2022 habe ich den Rudersport für mich entdeckt. Ich rudere regelmäßig, das Rudern ist Teil meines Alltags geworden und auf diesem Blog beschreibe ich meine gesammelte Erfahrung zu Rudergeräten, virtuellem Training, Fitness Gadgets sowie alles rund um den Sport Indoor-Rudern. Mehr über mich

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