Als ich auf der FIBO war und mich mit verschiedenen Personen zum Thema Rudergeräte und Rudern unterhalten habe, kam die Frage auf, über was man eigentlich regelmäßig zum Rudern auf einem Blog schreiben könne. Ich sehe es ähnlich wie bei jedem anderen Thema auch, die Fokus-Linse kann von Makro bis Mikro gestellt werden und bietet dadurch ein ganzes Füllhorn an Themen. Alleine wenn ich mir die alten Newsletter und Publikationen von Dr. Valery Kleshnev, Gjessing und Volker Nolte zu Gemüte führe, staune ich immer wieder wieviele Details es rund um die Biomechanik beim Rudern gibt.
Wenn man Rudern verstehen möchte oder dabei ist, die eigene Rudertechnik zu optimieren, führt früher oder später kein Weg daran vorbei die Biomechanik am eigenen Körper zu analysieren: Wie bewege ich mich beim Rudern? Wie bewegen sich Andere beim Rudern? Was kann ich verändern um meine eigene Rudertechnik zu verbessern?
In diesem Artikel geht es um die Schlaglänge beim Rudern.
Inhalte
Die Schlaglänge hatte ich schon 1-2 mal in anderen Artikeln (Challenges mit dem Rudergerät, Rudern in Kombination mit der Coros Pace 2 Smartwatch) erwähnt, bisher hatte ich mir diesen Parameter beim Rudern jedoch noch nicht im Detail angeschaut. Als kürzlich Lars bei Strava nach meiner Körpergröße gefragt hat, war dies der Auslöser mich selber einmal genauer mit der Schlaglänge zu befassen. Was bedeutet die durchschnittliche Schlaglänge in einem Workout und was kann man daraus ableiten?
Wenn man sich mit dem Thema Biomechanik im Detail beschäftigen möchte, so empfehle ich das Buch The Biomechanics of Rowing, welches für diesen Artikel ebenfalls zu Rate gezogen wurde:
Schlaglänge beim Rudern ermitteln
Beim Rudern auf dem Wasser erfolgt die Ermittlung der Schlaglänge hauptsächlich durch GPS-Technologie und Drucksensoren an den Ruderblättern, unterstützt durch visuelle Methoden.
Die Schlaglänge ist der Weg (oder Winkel), den der Griff in einem Schlag zurücklegt. Beim Rudern auf dem Wasser wird der Winkel gemessen. Beim Skullen ist das ein paar Grad mehr als beim Riemenrudern.
Die Distanz / Schlag ist der Weg, den das Boot mit einem Ruderzug zurücklegt. Auf dem Wasser ist es der Abstand, den das Boot zurücklegt, während die Ruder im Wasser sind, von dem Moment, in dem die Ruderblätter ins Wasser eintauchen (Catch) bis zu dem Moment, in dem sie das Wasser verlassen (Finish).
Beim Indoor-Rudern wird die Schlaglänge in der Regel direkt vom Ruderergometer gemessen und im Idealfall auch angezeigt. Manuelle Messungen oder unterstützende Software können ebenfalls verwendet werden.
Die Schlaglänge auf einem Ruderergometer ist dabei analog der Methode auf dem Wasser der Abstand, den der Sitz zurücklegt, während der Ruderer den Griff zieht, vom vordersten Punkt (Catch) bis zum hintersten Punkt (Finish).
Zunächst einmal geht es also also darum die Schlaglänge zu ermitteln – wie funktioniert das?
Am Augletics Rudergerät wird die Schlaglänge in Form eines Spinnennetzes angezeigt und ebenfalls als Metrik während dem Training ausgegeben:
Mit dazu wird beim AUGLETICS übrigens auch die Rollbahnlänge gemessen. Die Rollbahnlänge kann ebenso wie die Schlaglänge gemessen werden. Beim Rudern wird diese mit entsprechender Messtechnik über eine kleine Seilwinde mit Rückzug gemessen, am AUGLETICS Rudergerät mit einem Lasersensor. Die Rollbahnlänge ist dabei geringer als die Schlaglänge.
Beim normalen Rudern kommt man auf 1,55m – 1,60m. Aus der Rollbahnlänge lässt sich bspw. ähnlich der Kraftkurve ableiten inwieweit der Ruderer seinen Oberkörper und die Arme einsetzt oder ob die meiste Kraft aus den Beinen kommt.
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Am Waterrower in der Ausführung Performance Ergometer wird die Schlaglänge in der Smartrow App angezeigt, auf dem älteren S4 Monitor wird diese leider nicht angezeigt.
Welchen Einfluss hat die Schlaglänge beim Rudern auf die Performance?
Wenn ich mir mein eigenes Rudertraining und die Auswertung dazu angucke, so sehe ich derzeit lediglich bspw. bei einem Steady State Workout eine durchschnittliche Schlaglänge von 130cm.
Ist das jetzt gut? Wäre es besser, wenn ich eine längere Schlaglänge hätte? 🤔 Kann ich ggf. bei einer veränderten Schlaglänge gleichviel oder ggf. sogar mehr Kraft übertragen?
Ist eine weite Schlaglänge etwas Gutes?
Eine längere Schlaglänge ermöglicht es, mit jedem Schlag mehr Energie zu übertragen. Das führt zu einer höheren Geschwindigkeit und einem effizienteren Einsatz der eingesetzten Kraft. Eine optimale Schlaglänge maximiert die Hebelwirkung und verbessert die Kraftübertragung von den Beinen über den Rumpf zu den Armen und schließlich zu den Rudern.
Allerdings ist es nicht nur wichtig, eine möglichst lange Schlaglänge zu erreichen, sondern diese auch technisch sauber umzusetzen. Fehler in der Technik können den Vorteil einer längeren Schlaglänge wieder zunichtemachen.
Je effizienter die Bewegungen des Ruderers sind, desto mehr der erzeugten kinetischen Energie wird zur Beschleunigung genutzt, anstatt in unnötige Bewegungen oder Energieverluste zu gehen.
Kinetische Energie
Da die kinetische Energie proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit ist (E_k = 1/2 * m * v^2), erfordert eine Verdopplung der Geschwindigkeit eine Vervierfachung der aufgebrachten Energie. Sinnvoll ist es daher die kinetische Energie so effizient wie möglich auszunutzen. Hier gibt es aus meiner Perspektive einen großen Unterschied zwischen statischen und dynamischen Rudergeräten.
Der Biorower, RP3 oder das Concept2 RowErg auf Slides bieten eine wesentlich bessere Ausnutzung der kinetischen Energie, da man wie auf dem Wasser keinen festen Fixpunkt am Anfang und Ende hat.
Man muss sich das wie auf dem Wasser vorstellen: Wenn ich mich mit dem Boot auf dem Wasser bereits in eine Richtung bewege und diese Bewegung durch das Vorrollen in die Catch Position dämpfe oder ausbremse, so benötige ich erneut mehr Energie für den nächsten Schlag. Wenn der Ruderer den Ruderzug beendet, neigt das Boot dazu, sich weiter zu bewegen, bis Reibungskräfte und Wasserwiderstand es verlangsamen.
Ein effizienter Ruderer nutzt die Trägheit des Bootes optimal aus, um kontinuierliche Bewegung zu gewährleisten. Wenn nun Ruderer auf einem statischen Rudergerät trainieren, so fällt die Sensibilität bzgl. des Trägheitspunktes weg.
Auf einem statischen Rudergerät ist die Kinetik daher weniger relevant, hier ist eher interessant ob man durch eine bestimmte Technik auf dem Gerät mit einer optimierten Schlaglänge mehr Kraft erzeugen kann.
Kann man die Schlaglänge optimieren?
Um die Schlaglänge optimieren zu können, bedarf es zunächst einmal dem Verständnis, was die Schlaglänge beeinflusst. Ich habe hierzu eine Grafik mit freundlicher Genehmigung von Dr. Kleshnev überarbeitet:
Je weiter man den Körper und die Hände nach vorne bewegen kann, umso länger wird der mögliche Hebel. Größerer Hebel = Mehr Kraft. Gleichzeitig ist man in der Catch Position durch die Beine limitiert, die Kniegelenke sollten möglichst nicht über die Knöchel reichen, ideal soll ein 90° Winkel der Füße zum Bein sein um Schäden an den Gelenken zu verhindern.
Eine Sache, welcher unter Ruderern diskutiert wird: Ist es gut die Flexbinden mit den Fersen anzuheben oder sollten diese fest auf dem Stemmbrett stehen und dadurch die Beweglichkeit einschränken? Sobald ich ich die Fersen anhebe, habe ich mehr Dehnungsfreiheit und kann die Knie über die Knöchel hinaus schieben, wodurch sich mein Schlaglänge vergrößert. Gleichzeitig hat man dadurch aber auch weniger initiale Kraft für den Abdruck vom Stemmbrett im Vergleich zum komplett aufliegenden Fuß. Der Vergleich mit einem Deadlift wird gerne angebracht, auch wenn die Körper-Bewegungen beim Rudern nicht ganz identisch sind.
Die Höhe der Bindungen auf dem Stemmbretts beeinflusst ebenfalls die Schlaglänge. Aus meiner Perspektive sollten die Bindungen jedoch nicht nur unter diesem Aspekt ausgerichtet sein, sondern möglichst die Ergonomie und den Krafteinsatz unterstützen.
Biomechanik der Schlaglänge beim Rudern
Ein weiterer Aspekt dabei: Wie mobil ist man im Hüftbereich und wieviel Platz ist vorhanden um den Oberkörper an die Oberschenkel zu lehnen? Gleiches gilt am Ende des Zuges, wenn der Körper nach hinten gelehnt wird.
In der Grafik sieht man, dass die Arme weiter nach hinten bewegt werden können, je nachdem wie hoch diese platziert sind. Ideal ist die Position direkt unter der Brust. Der Oberkörper kann demnach weiter nach vorne – sowie weiter nach hinten gekippt werden um die Schlaglänge zu beeinflussen, aber die Technik darf dabei nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Je weiter man nach hinten kippt, desto weniger Kraft hat man – die Core- und Bauchmuskulatur muss somit dafür sorgen den Oberkörper wieder kraftvoll nach vorne zu kippen.
Ein Bild, welches häufig genutzt wird ist eine Uhr. Catch: Der Zeiger steht auf 5 Minuten vor 12, Release (hintere Umkehr): der Zeiger steht auf 5 Minuten nach 12.
Übungen für eine höhere Schlaglänge
Die Verbesserung der Schlaglänge beginnt mit gezielten Maßnahmen zur Steigerung von Flexibilität und Mobilität, besonders in den Hüften und Knien. Dehnübungen wie Hüftbeuger– und Kniesehnendehnungen sowie dynamische Bewegungen wie Ausfallschritte können die Bewegungsreichweite erhöhen und die Voraussetzungen für längere Ruderschläge schaffen.
Für mich persönlich als Hobbyruderer ohne Wettkampfambitionen reicht das reguläre Rudertraining völlig aus. Es ist eine wunderbare Möglichkeit meinen Körper fit zu halten und möglichst lange zu nutzen. Wenn man jedoch gezielt das eigene Rudertraining verbessern möchte, so ist ein zusätzlichen Krafttraining sinnvoll, um die Rumpf- und Beinmuskulatur zu stärken. Eine kräftige Körpermitte und starke Beine sind entscheidend, da sie die Hauptantriebskraft beim Rudern liefern und eine optimale Kraftübertragung ermöglichen.
Das Techniktraining sollte ebenfalls nicht vernachlässigt werden. Es ist wichtig, regelmäßig an der sauberen Ausführung der Rudertechnik zu arbeiten, um die Vorteile einer längeren Schlaglänge voll auszuschöpfen. Catch, Drive, Release, Recover.
Was ist die beste Körperform für Ruderer?
Wie sieht ein idealer Ruderer aus? Olli Zeidler Style: Groß, stark, breite Schultern?
Die Körpergröße und die Körperproportionen sind natürlich enorme Faktoren für die Schlaglänge. Wie ist der Körper perfekt aufgebaut um den Hebel so weit es geht kräftig zu bewegen?
Jeder Mensch ist anders. Lange Beine, kurze Beine; lange Arme, kurze Arme; langer Körper, kurzer Körper. Die Physiologie des Körpers ist entscheidend – hat jemand sehr lange Arme, können diese weiter nach vorne bewegt werden als kurze Arme. Gleichzeitig sind ebenfalls die Oberschenkellänge und die Sitzhöhe entscheidend, wenn es darum geht in der Ruderbewegung so viel Weite wie möglich heraus zu holen. In dem zuvor verlinkten Artikel wird vorgeschlagen ein Ruderteam durch Ruderer zusammen zu stellen, welche ähnliche anthropometrischen Merkmale haben. In einem Team mag das Sinn ergeben, um ein Boot gemeinsam möglichst effizient auf dem Wasser zu bewegen.
Die Schlaglänge mit Anderen auf dem Ergometer zu vergleichen scheint jedoch nicht sinnvoll, da sich diese je nach Körperform des Ruderers unterscheiden kann und man ja letztendlich Solo unterwegs ist.
Aber für sich selber kann man einen Benchmark herausfinden und diesen Wert versuchen zu erhöhen um bspw. persönliche Bestzeiten zu erreichen.
Welche Rudergeräte eignen sich um die Schlaglänge zu analysieren und zu optimieren?
Hier auf dem Blog kommen viele Besucher über Suchmaschinen auf einzelne Artikel. Hobby-Ruderer wie ich, die ggf. die eigene Rudertechnik optimieren möchten. Möchte man die Schlaglänge verbessern, so kann man dies mit den genannten Methoden. Sucht man ein Rudergerät, welches die Schlaglänge ermittelt und als Wert zurück gibt, so gibt aus aus meiner Perspektive 3 Geräte, die sich dafür eignen:
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Der Waterrower Performance Ergometer bietet mit der Smartrow App alle Möglichkeiten für ein modernes Rudertraining, auch wenn das Holzrudergerät aus dem Jahr 1988 ggf. schon ein Klassiker ist.
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Das Concept2 Rudergerät bietet mit der App ErgData alle Möglichkeiten für ein leistungsoptimiertes Training, bietet Schnittstellen für fast jedes Endgerät und gilt als die eierlegende Wollmilchsau unter der Rudergeräten mit Luftwiderstand.
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Das Augletics Eight ist ein deutsches Rudergerät, welches „Made in Germany“ noch groß schreibt und dabei mit smarter Technik das eigene Rudertraining unterstützt.
Aber unabhängig welches Rudergerät genutzt wird: Keep on rowing (longer)! 😉 🤙
